Typischer
Schanzen-Wahnsinn
Wilde
Schlussphase rettet schon verkorksten Pokal-Auftritt
Ohne Drama können sie es einfach nicht, die 2008er des SC Sternschanze, denen nach
zahlreichen Ligaspielen mit teils spektakulären Wendungen nun auch Irres im
Pokal gelang: „Wir lagen lange Zeit zurück, was für uns dieses Jahr typisch
ist, aber was dann noch mehr typisch ist, ist, dass wir dann tatsächlich noch
zurückkommen“, zielten die ersten Worte, die Mittelfeldspieler Arthur Schreiber
nach dem Spiel zu Protokoll gab, auf den ganz normalen Schanzenwahnsinn ab.
In der vorigen Runde gegen den Bezirksligisten SC Condor nur durch bessere
Nerven im Elfmeterschießen überhaupt zum Viertrundenteilnehmer gekürt,
stolperte man sich auch beim Ligakonkurrenten Walddörfer SV zunächst ein
schräges Auswärtsspiel zurecht.
Nach jeweils einer halbgefährlichen Torerkundung auf beiden Seiten drohte ein
Freistoß aus zentraler Position vor dem Sechzehner ein echtes Debakel
einzuleiten. Denn nicht nur, dass Leandro Duve „den Freistoß einfach unfassbar
gut geschossen“ hatte und somit das 1:0 linksoben markierte (16.), flogen dem
SCS in der Folge immer wieder stupideste Ballverluste um die Ohren.
So zum Beispiel bei einer Dreifachchance für die Herren Jacimovic (Pfosten),
Amtsberg (blockiert) und erneut Jacimovic, der den Nachschuss des Nachschusses,
vortrefflich positioniert, drüber bolzte (21.).
Weiteres Ungemach drohte bei einem Rabeary-Fehlpass, den Duve diesmal ebenso
wenig zu bestrafen wusste (29.), wie Kollege Leo Amtsberg ein Missverständnis
samt Ballhergabe im Mittelfeld (30.). Gut für Marineblau, dass wenigstens
Schlussmann Enno Gloßner nicht nur gegen Duves nach-Innen-Ziehen (35.) voll auf
der Höhe war.
Eine Frechheit, fast, dass Kleon Lorenz kurz vor der Pause gar den
schmeichelhaften Ausgleich gegen den Winkel verkürzenden und abwehrenden
Maximilian Röndigs auf dem Fuß hatte (37.).
Die Freude somit nicht nur bei einer schrillstimmigen und stets von draußen
navigierenden WSV-Spielermutter, die innerhalb der Szene arg an einem Kultcharakter
bastelt, auf Höchstniveau – zumindest wenn man es, wie sie, mit den Gastgebern
hielt.
Und auch mit gewechselten Spielfeldseiten hielt das Stimmungshoch im Lager der
Weißen an. „Es war ähnlich wie in der Liga (1:1): Sie haben einfach
unfassbar viel kämpferisch weggemacht und damit sind wir nicht so gut
klargekommen, weil bei uns nicht bei allen der Kampfwille die ganze Zeit da
war“, kritisierte Schreiber derweil sein eigenes Team, das wiederum Lorenz
zweimal offensiv lebend, aber nicht effektiv meldete (43. & 54.).
Gegen einen tief postierten Gegner war es nun das Spiel, das die Schanzenkicker
nicht sonderlich mögen. Ohne tiefe Räume war es ein zähes Ringen um weitere
Abschlüsse, bis ein zu weit ausgefahrener Arm eines Walddörfer-Verteidigers den
Penalty zurück ins Match begründete. Lorenz, der in Liga und Pokal zuletzt
jeweils getroffen hatte, scheiterte jedoch – wie Schreiber in der Liga – an Röndigs
und der gebrauchte Tag für den SC schien komplett (65.). „Ich habe nach dem
Elfmeter nicht mehr daran geglaubt, dass wir dieses Spiel gewinnen können; natürlich
trotzdem noch weiter gekämpft, aber irgendwie lief es nicht so richtig“, wirkte
Schreibers Gefühlslage stellvertretend für sein Team, das eine umstrittene
Zeitstrafe für den zweimal leidenschaftlich (und den Ball treffend)
grätschenden Baran Sütcü weiter zurückwarf (67.). „Die zweite Grätsche kann man
vielleicht als Foul pfeifen. Aber auch die ist für mich nicht gelbwürdig. Dazu kam noch, dass er deutlich zu lang außerhalb des Feldes war“, bekam
der ansonsten „gute Schiri“ nicht nur nach dem Spiel sein Fett vom
jüngeren Schiedsrichterkollegen im Schanzen-Dress weg.
Besser gefiel dem SCS da Janis Ohlsens Blick für den Vorteil im Mittelfeld,
durch den Schreiber die Kugel noch zu Theo Spöhrer gespitzelt bekam,
sodass Spöhrer wiederum den tatsächlich zum „zu diesem Zeitpunkt so
langsam verdienten“ Ausgleich einpiekenden Shahab Ahmadi bediente (79.).
Sollte es nun wieder ins Entscheidungsschießen von der Strafstoßmarke gehen?
Keine 120 Sekunden später bescherte sich der SCS die „Erleichterung, nicht ins
Elfmeterschießen zu müssen“: Spöhrer schickte den Lorenz-Express, den Hejran
Taher regelwidrig als letzter Feldspieler zum Entgleisen brachte – Feldverweis!
…und eine schöne Freistoßposition für eine gute Hereingabe winkte ja auch noch
von halbrechts. „Ich habe einmal gesagt, wo ich den Ball hin schießen werde und
wo bitte alle reinlaufen und dass irgendwer bitte den Fuß reinhält“, erklärte der
ausführende Schreiber das Vorgehen, das Lorenz exakt befolgte und die Partie in
dieser Manier komplett auf den Kopf stellte (80.+2).
Mit der Brechstange und einem letzten Freistoß, den Herolind Sejdiu noch einmal
hoch ins Pulk brachte, rüttelte das U16-Landesliga-Schlusslicht in den letzten
Augenblicken an dem drohenden Pokal-Aus – vergebens! Ein ganz normaler
Vormittag hatte für den SC Sternschanze seinen glücklichen Verlauf genommen.
Im Erreichten Achtelfinale wartet dann Ende Januar die „Pflichtaufgabe“
Vorwärts/Wacker II aus der Bezirksliga oder Ligarivale Niendorfer TSV, gegen
den man beim 3:3 (nach dreimaligem Rückstand) ein „ausgeglichenes Spiel mit ein
bisschen mehr Spielanteilen bei Niendorf“ erlebte.
Nun ist das „ziemlich durchwachsene Fußballjahr“ 2023, in dem man seit „März
richtig angefangen“ habe, „guten Fußball zu spielen“, aber – „durch
Konzentrationsschwächen“ – zu wenige Punkte gegen Kaliber der Marke Teutonia 05
oder FC Süderelbe holte, aber erstmal beendet. Zeit, den häufig arg belasteten
Kreislauf über die Feiertage mal wieder ein wenig herunterzufahren….
Tore: 1:0 Duve (16.,
direkter Freistoß), 1:1 Ahmadi (79., Spöhrer), 1:2 Lorenz (80.+2, Schreiber)
gelbe Karten: Grumler Alvarez,
Jacimovic – Sütcü, Majeed Mohammed
Zeitstrafe: Sütcü (SCS, 67.,
wiederholtes Foulspiel)
rote Karte: Taher (WSV, 80.+1,
Notbremse an Lorenz)
Schiedsrichter: Janis Christoph
Ohlsen (Ahrensburger TSV, Note 2,5: sicherer, teils zu garstig auftretender
Leiter, der in fast allen Schlüsselszenen richtig lag, jedoch spielte der erst
nach sechs Minuten wieder hineingelassene Sütcü bei beiden Verwarnungen den
Ball.)
Zuschauer: 40
besonderes Vorkommnis: Röndigs hält
Handstrafstoß von Lorenz (65.).
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