Samstag, 26. November 2022

Spielbericht SC Victoria Hamburg 1.C - SC Sternschanze 1.C

„Das hat da nichts zu suchen!“
U15-Landesligaderby verkommt zur Farce

Heimsieg für den SC Victoria, doch über das Sportliche sprach am Ende eines denkwürdigen wie beschämenden Spektakels an der Hoheluft keiner mehr.
Begonnen hatte das bizarre Treiben bereits vor dem Spiel mit dem Einsatz von Pyrotechnik einiger halbstarker Schlichtgeister auf der Gegentribüne. „Das ist natürlich ein bisschen übertrieben. Vor allem, bei einem C-Jugendspiel. Das wirbelt das direkt von Anfang an auf. Da kommt direkt so ein bisschen Nervosität und dieser Drang, da jetzt auch irgendein Zeichen zu setzen“, beschrieb Schanzes Arthur Schreiber die Gefühlslage, die zunächst jedoch als sportliche Triebfeder für beide Teams zu taugen schien.
Gute Chancen boten sich beiden Teams vom Anpfiff weg.
Mohammadullah Azimi (3.) und Enayatullah Makhdoomzada (5.) versuchten sich für den SCS – Victor Ende (6.) und Devon Fouda Essomba (7.) vergeigten aussichtsreich für den SC Victoria. Letzterer war es auch, der wenig später mittig durchbrach, das Leder dann aber überhastet drüber hämmerte (10.).
Nicht so Makhdoomzada auf der anderen Platzhälfte. Richtig erkannte er das äußerst offensive Torwartspiel Jarmo Madees und hob das Bällchen passend über den weit vor postierten Schlussmann zum 0:1 (12.).
Folgend gehörte das Match den selbstbewussten Gästen, denen Madee – übrigens nach wie vor mit einem Stellungsspiel der Marke „mein Strafraum ist Lava“ – den Garaus im Torschuss machte (21., 28. & 32.).
Für den SCS hütete unterdessen Theo Spöhrer nach längerer Torwartabstinenz für den unpässlichen Enno Gloßner mal wieder den Kasten. Eine gute Fußabwehr gegen Fouda Essomba sicherte dem 14-Jährigen eine gegentorlose Halbzeit (31.) zum Goalie-Comeback.
Ein ums andere Mal geriet sein Tor nach der Pause ins Visier der Victorianer, die den SCS förmlich einschnürten. Sowohl Cyrus Tabatabai (39. & 43.), als auch Außenspieler Vladyslav Bratslavsky (42.) schossen jedoch jeweils eine Fahrkarte. Ebenso Fouda Essomba, den ein Ballverlust des zum Teil chaotisch verteidigenden SCS zur Top-Chance einlud (45.).
Die geradezu logische Konsequenz: Vickys Ausgleich, den der kantige Kameruner über rechts für den einmurmelnden Ende vorbereitete – 1:1 (48.)!
Und das auch noch in Unterzahl, nachdem Innenverteidiger Gurnoor Singh verletzt die Segel streichen musste und kein Feldspieler auf der Bank zur Verfügung stand.
Noch ein Gelber weniger wurde es temporär, als Schiedsrichter Fabian Rother (Eimsbütteler TV) den vorverwarnten Tabatabai für ein zu spätes Einsteigen im Mittelfeld mit einer Zeitstrafe belegte (49.).
Für die Schanzenkicker offenbar nicht Anlass genug, den Offensivmotor wieder verstärkt anzuwerfen. Stattdessen blieb eher das doppelt unterzählige Victoria am Drücker.
Erst eine knappe Viertelstunde vor Schluss brachte Azimis zu hoch angesetzter Freistoß (56.) mal wieder so etwas wie Gefahr hervor, was Kollege Makhdoomzada mit einem Heber im Konter zwar steigern konnte, das Zwischenresultat damit jedoch nicht veränderte (58.).
Dies war dafür dem Gegner vergönnt, als Spöhrer im Hochsteigen beim Eckstoß vom eigenen Mann gestört wurde und Fouda Essomba handlungsschnell im Sechzehner das umjubelte 2:1 markierte. Der Auftakt einer irrsinnigen Schlussphase (67.)!
Im unflätigen Dialog mit dem flegelhaften Publikum aus dem „Pyro-Block“ holte sich Tabatabai noch vor Wiederanstoß den roten Karton ab. „So wie ich das mitbekommen habe, gab es da eine beleidigende Botschaft aus der Fankurve. Ich glaube, es war ein Mittelfinger und den hat der 9er dann zurückgezeigt. Dafür hat er dann, würde ich so sagen, zu Recht die rote Karte gesehen“, berichtete Schreiber, der mit seinem Team erneut zweifach überzählig auf dem Feld stand.
Im Schatten der aufgeheizten Atmosphäre fiel es den Schanzen-Kickern nach wie vor schwierig, dem dezimierten Widersacher (sportlich) Feuer zu machen. „Die Eltern von Victoria haben mich auf dem Platz wirklich genervt, weil die ganze Zeit etwas hereingerufen kam: Besonders der eine Vater, der wirklich ununterbrochen den Schiedsrichter beleidigt hat. Ich meine, das ist Kinderfußball und da braucht man das wirklich nicht. Es geht jetzt nicht um Leben und Tod. Es ist einfach ein C-Jugendspiel in der Landesliga und kein Regionalliga- oder Bundesligaspiel im Herrenbereich. Das hat da nichts zu suchen!“, ärgerte sich Schreiber über die akustischen Begleitumstände, die nicht geringer wurden, als Luis Meissner Foul spielte und obendrauf zum aussichtsreichen Freistoß seine zweite Verwarnung in Form einer Zeitstrafe kassierte (70.). Torwart Madee echauffierte sich und flog mit Doppelgelb gleich hinterher, um für seine fortgesetzte Verbal-Diarrhoe gar noch die rote Karte zu erhalten. „Der Torwart des SCV hat den Schiri als Rassisten beschuldigt“, erklärte der seit vergangenem Dienstag auch als geprüfter Schiedsrichter firmierende Schreiber das Vorgehen seines Kollegen an der Pfeife, während der Verwiesene selbst „nur nachgefragt“ habe, „warum er (der Schiedsrichter) unseren Spieler vom Platz geschmissen hat“.
So oder so taugte die anschließend gewählte Diktion außerhalb des Feldes nicht gerade als Beweis guter Kinderstube…
Nur was wurde jetzt aus dem fälligen Freistoß? Mit diesem sah sich kurzerhand Ersatztorhüter Luke Nöcker, eigentlich nur auf dem Spielbericht, um im Innenraum bei seiner Mannschaft sitzen zu dürfen, konfrontiert. Schreibers kümmerlicher Standard bereitete dem unaufgewärmten Fänger allerdings keine Schwierigkeiten (70.+5). „Wenn du wie wir am Ende mit teilweise vier Leuten mehr auf dem Platz bist, musst du wirklich ein Tor machen und vor allem diese beiden Freistoßsituationen – da nehme ich mich auch gar nicht raus. Der war nicht gut geschossen von mir. Der von Noah leider auch nicht.“.
Selbstkritische Worte, die eine letzte, nicht weniger verheißungsvolle, Freistoßposition für Noah Taddigs als letzte Spielaktion mit einschlossen (70.+8). „Du musst natürlich davor schon mit einem oder mit zwei oder sogar mit drei Mann mehr aufgrund Zeitstrafen und Verletzungen des Gegners das Spiel für dich entscheiden. Das war nicht gut von uns gespielt. Wir haben die Überzahl nicht ausgenutzt.“.
Mit stumpfen Waffen arbeitete der SC Sternschanze heuer vergeblich an Zählbarem im „Sechs-Punkte-Spiel“ gegen den Tabellennachbarn. Auch ein Produkt diverser Ausfälle, die mit dem „soliden“ Noah Schmideder und dem „überragenden“ Johnny Freitag sogar Personal aus der zweiten Mannschaft in die Landesliga spülten. „Johnny hat ein tolles Spiel gemacht! Das hat wirklich Spaß gemacht, mit ihm da auf der Sechs zusammenzuspielen!“, so Schreiber, der den Scheinwerfer auf die kommende Aufgabe im Pokal wirft und mit einem „positiven Gewissen“ in das Duell mit dem Oberligaspitzenteam Cosmos Wedel geht. „Ich will natürlich weiterkommen im Pokal. Egal wie dreckig oder wie gut wir das da spielen. Am Ende wird’s ein Elfmeterschießen, vielleicht. Das werden wir dann sehen. Also, ich hätte Bock drauf!“. „körperlich präsent sein, viel miteinander kommunizieren, Kräfte richtig einteilen“ und „ein, zwei taktische Sachen – auf jeden Fall das Anlaufen besprechen“ sollen die Überraschung möglich machen.
„Unsere Bilanz gegen Oberligisten diese Saison sieht gut aus: Ein Spiel – ein Sieg gegen Rugenbergen in der Saisonvorbereitung. Natürlich hat sich da sicher viel verändert, aber ich denke doch, dass wir auf jeden Fall Punkte mitnehmen können!“. Ob der heutige Kapitän beim Thema „Punkte“ mit den Gedanken womöglich schon beim noch anstehenden Hinrundenabschluss gegen Liga-Schlusslicht Germania Schnelsen ist???

Tore: 0:1 Makhdoomzada (16.), 1:1 Ende (48. Fouda Essomba), 2:1 Fouda Essomba (67. Meissner)

gelbe Karten: Tabatabai, Madee, Meissner – Azimi

Zeitstrafen: Tabatabai (49., wiederholtes Foulspiel), Meissner (70., wiederholtes Foulspiel), Madee (70., wiederholtes Meckern)

rote Karten: Tabatabai (67. Beleidigung), Madee (67. wiederholtes Meckern)

Schiedsrichter: Fabian Pascal Rother (Eimsbütteler TV, Note 3,5: vertretbare persönliche Strafen in einem schwierigen Spiel, ließ jedoch zu viel Hektik von außen durch Zuschauende und Vicky-Ersatzbank zu, mit zunehmender Spieldauer im Zweifel mit Pfiffen für den SCS)

Zuschauer: 45


Geistig benebelte Menschen sorgten für eingenebelte Menschen.

Die Coachingzone wurde eher als Vorschlag interpretiert.

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